August 2023 - Kindertagesheim Rinnböckstraße 47

In meinem Beitrag für August möchte ich mich mit einem beachtenswerten öffentlichen Gebäude in unserem Bezirk beschäftigen, und zwar mit dem Kindertagesheim in der Rinnböckstraße, das Margarete Schütte-Lihotzky zu Beginn der 1960er-Jahre entworfen hatte.

 

Kindertagesheim Rinnböckstraße 47, Außenbereich.

Die von Pfeilern gestützte Pergola bietet einen geschützten Durchgang.

Bildnachweis: Ulrike Wieser, 2019, https://kunstsammlungundarchiv.at/site/assets/files/3972/msl_125_gesamtpraesentation.pdf.

 

Bereits in den 1920er-Jahren hatte die 1897 in Wien geborene Architektin in Frankfurt und in der Sowjetunion ein Pavillonsystem für Kindertagesheime entwickelt, dessen wesentliche Impulse auf den Typus der Freiluftklassen der Moderne zurückgingen. Durch die Gestaltung von hellen, luftigen Räumen mit liebevollen, kleinkindgerechten und dennoch multifunktionalen Möbeln sollten den Kindern optimale Entfaltungsmöglichkeiten geboten werden.

 

In den folgenden Jahren vor bzw. während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Schütte-Lihotzky immer wieder an Projekten für die Schul- und Kindergartengestaltung mit, von 1945-47 leitete sie zudem die Abteilung für Kinderanstalten in der Stadtbaudirektion von Sofia in Bulgarien. Ab 1948 als freiberufliche Architektin und Publizistin in Wien tätig, erarbeitete sie als unmittelbare Reaktion auf die Erfordernisse des Wiederaufbaus die Idee eines Zentralbau-Instituts für Kinderanstalten, das leider nie in die Praxis umgesetzt wurde. Den End- und Höhepunkt ihrer jahrelangen Auseinandersetzung mit diesem Thema bildete das Baukastensystem für Kindertagesheime, das eine optimale Raumorganisation gewährleisten sollte. [1]

 

Grundrissplan des Kindertagesheims Rinnböckstraße.

Bildnachweis: Universität für Angewandte Kunst, KA, 195/56.

 

Wie auf der Abbildung gut zu erkennen ist, plante Schütte-Lihotzky die Anlage des Kindertagesheims auf dem Grundriss eines ‚Windrads‘, wie es sich auf Windmühlen befindet. Durch diese Gestaltungsart sind die Räume funktional gut zueinander angeordnet und können daher auch optimal genutzt werden. Mit diesem Konzept nahm die Architektin nicht nur das bereits erwähnte, später erfolgreich von ihr umgesetzte Baukastensystem vorweg, sie initiierte damit auch gleichzeitig die Diskussion um den Hallenkindergarten, wie er von Kollegen wie Franz Schuster oder Anton Schweighofer weiterentwickelt wurde. [2]

 

Innenraum der Kindergartengruppe (3 bis 6 Jahre).

Bildnachweis: Ulrike Wieser, 2019.

https://kunstsammlungundarchiv.at/site/assets/files/3972/msl_125_gesamtpraesentation.pdf.

 

Ein im Garten der Anlage befindliches Kunstobjekt von Peter Weihs stellt eine Gruppe von Vögeln dar, die als bunt glasierte Keramikplastik in einem Käfig ihr Dasein fristen.

 

Plastik ‚Vogelgruppe‘ im Garten des Kindertagesheims.

Bildnachweis: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vogelgruppe.JPG.

 

Margarete Schütte-Lihotzky wurde einer breiten Öffentlichkeit durch die von ihr konzipierte ‚Frankfurter Küche‘ bekannt, die als erste seriell gefertigte Küche optimierte Arbeitsabläufe ermöglichen und mittels einer ‚Rationalisierung der Hausarbeit‘ die berufstätige Frau entlasten sollte. In Simmering ist der (-> 11., Schütte-Lihotzky-Weg) im neuen Grätzel rund um die Gasometer, zwischen Hallergasse und Modecenterstraße, nach der Architektin benannt. Schütte-Lihotzky starb im Jahr 2000 und ist in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33 G, Nummer 28) beigesetzt.

 

Beitragersteller: Thomas Pelikan


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